Für eine solidarische Einfachsteuer

Anfang Juli 2004 wurde von Sven Giegold ein Konzept für eine solidarische Einfachsteuer vorgestellt. Sven Giegold ist als Wirtschaftswissenschaftler Sprecher für Attac und BUND für Steuerpolitik und Mitautor des vorliegenden Steuerkonzeptes, an dem Vertreter von verdi und der Memo-Gruppe (Rudolf Hickel) mitgewirkt haben.
Die Vorstellung war die Grundlage für eine Veranstaltung des Magdeburger Sozialforums, unterstützt vom Bildungsverein Elbe-Saale e.V. (Dirk Rumpf).
Nun mangelt es hierzulande nicht an papiernen Konzepten zu brennenden sozialen Konfliktfeldern, auch nicht zur Steuerpolitik, z.B. von Paul Kirchhof, der FDP der CDU, letztere auf einem Bierdeckel unterzubringen.
Was zeichnet das vorgelegte Konzept SES aus?
Bereits in der Präambel und in der programmatischen Grundlegung wird die gängige Behauptung widerlegt, es gäbe keine Alternative zur Steuerreform zugunsten der oberen Einkommensschichten, weil nur so neue Arbeitsplätze geschaffen und zukünftige Innovationen für den Standort Deutschland möglich werden. So wird die öffentliche Meinung manipuliert, künftige Wahlkämpfe eingeläutet.
Das Konzept SES geht im Gegensatz dazu von vier Prämissen aus:
Die Steuerlast muß sozial gerecht verteilt werden, abhängig von der finanziellen Leistungs- kraft in linearer Progression bis zum Spitzensteuersatz und im Gegensatz zu den Trends der letzten Jahre.
Die gesamten Einkünfte der Steuerzahler müssen erfaßt und versteuert werden, besonders bei Selbständigen und bei Kapitalertragssystemen. Schließlich wandern täglich und global 1,2 Billionen Dollar ohne Bezug zur Realwirtschaft um die Welt.
Alle Steuerschlupflöcher müssen gestopft werden, zusätzliche Gewinne dürfen nicht in stillen Reserven versteckt werden.
Entgegen dem Zeitgeist müssen die öffentlichen Leistungen des Sozialstaates gegenwärtig und zukünftig steuerlich gesichert werden, sie sind am Maß der sozialen Gerechtigkeit zu binden, konkret an diesen sozialen Wert gebunden.
Die nun folgenden 12 Seiten zu Detailfragen und Verfahrenswegen können hier nicht referiert werden. Da in einer widerspruchsvollen Gesellschaft auch die konkreten Fragen der Steuerpolitik widerspruchsvoll sein werden, gibt es z.B. zur Eigenheimzulage und ihrer steuerlichen Behandlung zwei Voten bei den Verfassern, pro bei den Vertretern von verdi wegen der Arbeitsplätze im Bauwesen und contra von Attac und BUND-Vertretern wegen der Gefahr der Zersiedelung des stadtnahen Raumes. Inzwischen hat die Bundesregierung die Contra-Position bestätigt - Streichung ab 2005, aber aus anderen Motiven der Haushalts- sicherung.
Zu den Ausführungen gibt es Hilfestellungen auch für Laien: Für Augenmenschen werden die verschiedenen Steuerkonzepte graphisch dargestellt und verglichen, für Zahlenmenschen wird für das Veranlagungsjahr 2005 eine Aufrechnung der Steuermehr- und Steuerminderein- nahmen vorgelegt. Aus dem Sparvolumen können für die Kinderbetreuung fünf Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt werden im Bundeshaushalt.
In der Diskussion des Sozialforums stand naturgemäß die Frage im Mittelpunkt, wie dieses Konzept SES mit praktischen sozialen Folgen schrittweise mit sozialen Folgen in Richtung auf mehr soziale Gerechtigkeit umgesetzt werden kann. Sven Giegold setzt namens der Verfasser auf die Bundestagswahl 2006 und einem daraus erwachsenden Druck der sozial Betroffenen, vor allem auch in Ostdeutschland. Diese Antwort erschien manchem Forums- teilnehmer, vor allem jüngeren, zu ungewiß und naiv angesichts der zu erwartenden Wahl- kampagnen der etablierten Parteien und ihrer Medienwirkungen. Parlamentarisch und außerparlamentarisch kann so kaum Druck entstehen, wie bei den Protestdemonstrationen gegen den Sozialabbau am 3. April 2004.
Wäre es nicht ratsam, die Potenzen von sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und linken Parteien zu koordinieren auf die Realisierung sozialer Konzepte wie dem SES? Nun gibt es bei Vertretern von Attac vielfach Berührungsängste gegenüber Parteien, so auch im Sozialforum. Deshalb wäre es hilfreich, vorhandene Konzepte gemeinsam zu tragen und daraus eigenständige Sozialpolitik abzuleiten?
Der Bildungsverein Elbe-Saale hat dies für die kommende Zeit geplant und bietet Veranstaltungen für das Sozialforum an.
Der PDS wäre zu empfehlen, diese Dialog-Chancen nicht nur zu tolerieren, sondern zur Eigenverständigung über sozial gerechte Steuerpolitik zu nutzen, vor allem durch ihre Fachpolitiker der Landtagsfraktion. Konzeptioneller Gleichklang mit dem SES-Konzept gibt es im Parteiprogramm, in der Agenda sozial und in den Thesen zur Strategie-Diskussion der PDS, Teil III Steuergerechtigkeit.
Die Sozialforen wären der richtige Ort für konstruktive Dialoge, Abbau von Berührungs- ängsten und Vorbereitung aktiver Protestaktionen gegen Sozialabbau.

Dr.Heinz Sonntag
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